Brief von März 1764, von Bodmer, J. J. an Sulzer, J. G.

Ort: Zürich
Datum: März 1764

Voltaire hat ein trauerspiel publicirt, saul, in welchem er die thaten und Regierungen Samuels, Sauls, Davids, Solomons auf die pöbelhafteste art verkleidet.

Rouxdan, der izt prediger bey der neu etablirten französischen kirche in London ist, hat gegen Rousseaus Capitel im Contrat social daß die Christen keine soldaten abgeben, ein ziemlich starkes werk publicirt. Er erschaffet sich eigne Christen, die nirgend gesehen werden. Sein stylus ist im französischen dunkler als Wegelis im deutschen. Sonst sagt er gegen die tyrannen Wahrheit, die kaum so stark gesagt worden.

Voltaire publicirt auch Contes, die unflätiger sind, als la fontaines.

Die dialogues sind von unserm Wegeli, er will aber nicht verrathen seyn, wegen seiner orthodoxen von St. Gallen.

Überlieferung

H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 12b.

Einschluss und mit gleicher Sendung

Begleitbillet zur Sendung von Wegelins Dialogues par un ministre suisse.

Stellenkommentar

saul
Voltaire, Saül, tragédie tirée de l´Ecriture Sainte, 1755. Das Drama war allerdings erst 1763 beim Verlag Cramer in Genf erschienen.
ein ziemlich starkes werk publicirt
A. J. Roustan, Offrande aux Autels et à la Patrie, 1764. Ein Teil der Schrift war der Kritik am Kapitel »Von der Zivilreligion« in Rousseaus Contract Social (Buch IV, Kap. 8) gewidmet. Vgl. dazu auch Brief letter-bs-1764-04-17.html.
Contes
Voltaire, Contes de Guillaume Vadé, 1764.
als la fontaines
Im Gegensatz zu seinen Fabeln, die allgemein eine positive Rezeption erfuhren, waren La Fontaines Erzählungen Contes et nouvelles en vers (zuerst 1665) derb im Ausdruck, teilweise moralisch provokant oder mit erotischen Anspielungen gespickt.
Die dialogues sind von unserm Wegeli
Vgl. Brief letter-bs-1763-09-30.html.

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann
Kommentar: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann