Brief vom 1. Dezember 1759, von Sulzer, J. G. an Bodmer, J. J.

Es bleiben mir, mein werthester Freünd, nur wenige Minuten Zeit übrig Ihnen mit dieser Post einige Nachrichten zu schreiben. Vor 14 Tagen hofte ich Ihnen bald einen sehr herrlichen Ausgang dieses Feldzuges zumelden. Alles schien sich dazu anzulaßen. Das Glük hätte sich aber beynahe auf einmal gewendet. Es hat Daun geglüket eines von den einzelen Corps, welche ihm ringsherum die Zufuhr abgeschnitten hatten, mit einer ungeheüer überlegenen Macht von allen Seiten her zu umringen und gänzlich aufzuheben. Der Schade, den er uns dadurch zugefügt hat ist beträchtlich. Allein es scheinet doch nicht, daß er von großem Einfluß sey. Denn seit 10 Tagen, da dieses geschehen, ist noch alles in der alten Verfaßung. Die Feinde sind noch fast von allen Seiten so umringet, daß Ihnen die Zufuhre fast unmöglich fällt. Wir hoffen, daß sie doch Sachsen wieder verlaßen müßen. Aber wir trauen doch dem Veränderlichen Glük nicht mehr so viel, als vorher.

Sie werden nun meinen Neveu gesehen haben, und wißen, daß ich einen Sohn habe, der sich noch nebst seiner Mutter wol befindet. Ich habe ihren lezten Brief durch den jungen Vögeli bekommen. Ich werde ihm allen Vorschub thun. Aber dieser junge Mensch hat meinen Vorschlag nicht angenommen. Einer meiner Bekannten reiset in 8 Tagen nach Frankreich und komt nahe bey Basel vorbey. Ich habe ihm vorgeschlagen mit ihm zu gehen, aber er will bis nach dem N. Jahr hier bleiben.

Leben Sie wol mein werthester. Ich bin Ihnen von ganzem Herzen ergeben.

S.

den 1 Dec.