Bern den 15 Sept. 75.
Hier bin ich nun mein theürester in ihrer Nachbarschafft und wie mich dünkt so nahe bey Ihnen, daß ich Sie mit diesen leiblichen Armen umfangen könnte. Von dem lebhaften Eindruk, den diese Nachbarschafft von dem Ort ihres Aufenthalts auf mich macht, urtheile ich von der Freüde, die ich haben werde, Sie im Frühjahr vor diesen Augen zu sehen. Es war mir ganz unmöglich die Sachen so einzurichten, daß ich über Zürich hätte reisen können. Desto länger sollen Sie mich im Frühjahr bey sich sehen, da ich, wie man mich hoffen macht, mehr im Stand seyn werde alle Gedanken und empfindungen in tönenden Worten auszudrüken. Denn gegenwärtig wird mir das Reden sehr schweer. Auch sogar das Schreiben ermüdet mich merklich. Doch schöpfe ich gute Hoffnung daraus, daß die Reise bis hieher mich eher gestärkt, als geschwächt hat. Für diesmal nicht mehr. Ich umarme Sie von ganzem Herzen, und verbleibe mit innigster Empfindung der Ihrige.
JGSulzer.
H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 5a. – A: ZB, Ms Bodmer 13b.
An Herrn Profeßor Bodmer in Zürich