Brief vom 14. August 1764, von Sulzer, J. G. an Bodmer, J. J.

Ort: Berlin
Datum: 14. August 1764

Berlin den 14 Aug. 64.

Erschreken Sie nicht, mein theürester Freünd, wenn Sie hier lesen werden, daß ich mich schon wieder zu einer Reise anschike. [→]Ich gehe in ein paar Tagen mit dem Englischen Gesandten von hier nach den Bädern von Spa und von dort werde ich mit ihm nach England herüber gehen. Da mein neüer Beruf erst gegen das Ende des Jahrs angeht, so hat der König die Gnade gehabt mir zu erlauben, diese Reise noch zu thun, und ich bin um so viel mehr darüber erfreüt, da mir diese Gelegenheit geben wird etwas beßer und sicherer für unsern Füßli zu sorgen. Wenn wir ihn nicht während unsers Aufenthalts in London unterbringen, so werde ich ihn wieder mit mir zurüke nehmen. Denn sein Unterhalt ist zu kostbar. Ich habe außer der Summe, die man für ihn zusamen gebracht, ihm für 20 Pfund St. credit gemacht und diese werden nun auch bald verzehrt seyn. Wenn ich gesund in London ankomme, so werde ich Ihnen von dort aus das nähere hierüber melden.

Diese Reise soll die Abreise der Jfr. Meisterin nicht verzögern. Ich habe dafür gesorget, daß Sie hier unter Freünden seyn wird, wenn sie gleich einen Monat lang ohne mich wird hier seyn. Sagen Sie ihr, daß sie in Leipzig, so bald sie ankomt sich bey Hachtman und Sulzer aus Magdeburg melde. Mein neveu wird dort für sie sorgen und ihr Gelegenheit machen hieher zu kommen. Die vorige Woche habe ich ihr geschrieben und sie gebethen mir etwas Leinwand zu kauffen und dort gleich Bettlaken davon machen zu laßen. Damals vergaß ich ihr die Maaße zu schiken. In bey liegendem Papier sind 2 Faden davon der eine die Länge der andre die ohngefehre Breite dieser Laken anzeigt. Haben Sie die Gütigkeit ihr dieses zustellen zulaßen.

Auch für den Noah ist gesorget, daß er während meiner Abwesenheit nicht soll zurüke gehalten werden, und ich habe bestellt, daß Ihnen von Leipzig aus Exemplaria zukommen. Vor Ende des Novembers dürfte ich nicht wieder zurüke kommen. Glauben Sie nur nicht mein theürester, daß diese Reise aus Unruhe oder Unstätigkeit angestellt sey. Noch habe ich gewiß keine Anlage ein Avanturier zu werden, und vielleicht wird auch selbst meine Arbeit nicht viel darunter leiden. Ich habe keinen Augenblik übrig an unsre andre Freünde zuschreiben. Empfehlen Sie mich Ihnen.

Ich umarme Sie von Herzen.
JGSulzer.

Wenn Sie mir schreiben wollen, so schiken Sie ihre Briefe nur unter meiner gewöhnlichen Adresse nach Berlin denn von hier aus werden sie mir nachgeschikt.

Hr. Lambert empfiehlt sich Ihnen.

Das Mst. von Hrn. Zimmermans Lebenslauff habe ich wieder und werde es auf die Meße über Leipzig schiken.

Überlieferung

H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 5a. – A: ZB, Ms Bodmer 13a.

Einschluss und mit gleicher Sendung

Fäden aus Stoff für Bemessung von Bettlaken (für Julie Auguste Meister).

Stellenkommentar

Ich gehe in ein paar Tagen
Die Reise dauerte bis zum 17. November. Vgl. die folgenden Briefe letter-sb-1764-08-30.html und letter-sb-1764-11-25.html. Zu Stationen und Ablauf der Reise siehe auch Hirzel Hirzel an Gleim über Sulzer den Weltweisen 1779, Bd. 2, S. 88–90.
bey Hachtman und Sulzer aus Magdeburg
Heinrich Wilhelm Hachtmann aus Langenberg, seit 1756 Kaufmann in Magdeburg, und Sulzers Neffe Heinrich Sulzer, der sich zu dieser Zeit in Magdeburg ebenfalls als Kaufmann niederließ. Zu Sulzers Neffen siehe auch Kommentar zu Brief letter-sb-1761-02-10.html.
Avanturier
Übers.: »Abenteurer«.
Mst. von Hrn. Zimmermans Lebenslauff
Zum Manuskript der Lebensbeschreibung des 1757 verstorbenen Johann Jakob Zimmermann, das sich seit 1758 im Besitz Sacks befunden hatte, vgl. Brief letter-sb-1758-01-28.html.

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann
Kommentar: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann