Brief vor dem 26. Juni 1765, von Bodmer, J. J. an Sulzer, J. G.

Ort: Zürich
Datum: vor dem 26. Juni 1765

Inbegriff.

12. Stüke von dem Brief an Menalippus.
Belieben sie selbige den Freunden der Noachide zu geben. Und wenn sie es gut finden, Hn. Voß, dem sie zum wenigsten bey einer folgenden auflage dienen können. Ich halte ihn für brav genug, daß er dem Werk gern mehr Vollkommenheit gönnen werde.

Rede an die Landleute von Glarus von Steinmüller, der ein prediger ist, und kein Landmann von Glarus, sein Vater war aus Salzburg, er selbst hat in Engelland studirt, und durch seine Bibliothek den guten prediger geschmak der izt in Glarus herrscht, eingeführt.

Rede des Baillis Tschudi, die er in dem Bund hat ausstreuen laßen, eh er sein begehren an die landsgemeinde gebracht hat. Er hat sein stammregister richtig vorlegen können. Man hat ihn rehabilirt ohne daß es ihn einen Heller gekostet unter die landleute zu werfen. Er ist ein wakerer mann, den ich persönlich kenne. Er ist bey Rousseau gewesen, und sie haben ein ander unvergleichlich wol angenommen.

Pflichten des bürgers von dem Füßli, der vor 2. jahren gegen Eschers Ball die Invectiv publicirt hat. Er ist Lavaters Intime, der eine zuschrift an ihn gemacht hat, in welcher er ihn wegen seiner heurath mit Entzükungen segnet, in einer Schreibart, die sich des empfindsamen Klopstoks poesie sehr nähert.

Die drey Hexameter sind Lavaters, und ich habe sie aus Freundschaft und Hochachtung in die Noachide eingeschoben, wie sie in dem Brief an Menalippus sehn werden. Ich habe Lavatern beredet, daß er ein Gedicht von dem Knaben Jesu schreiben solle, nicht von dem Kinde, wie der Pater Ceva, sondern von dem 11. 12 jahr alten Knaben. Lavater hat dazu die zärtlich heilige gemüthsfassung, die Klopstok kaum hatte. Er schreibt einen guten Hexameter. [→]Heß von Neftebach, unsers freundes neveu und der Informator seines sohnes, könnte auch etwas von diser Art machen. Vielleicht ⟨schieben⟩ sie sich in dises Werk: Sie werden sich aber nicht übereilen. Ich hatte schon Wielanden bereden wollen, dises Sujet abzuhandeln [→]eh er abgefallen war, und noch bey einem lebetag, und würklich einen plan davon entworfen, wovon mir noch vieles im Gedächtniß geblieben ist.

Vermischte Fragen an das publicum. Es giebt oft solche gute stücke in dem Erinnerer, die Lavater oder Heß, oder Füßli machen.

Ich gedacht ihnen auch ein gespräche zwischen Tacitus Claudius und Tiberius, etliche lessingische fabeln, die Töchter des paradieses, ein paar dramata schiken zu können, die in den Journal von Lindau kommen sollen, aber man hat mich versäumt.

Ist es nicht möglich eine Probe von des jüngern Klopstoks Ilias zu bekommen. Seitdem ich mit der Noachide fertig bin, hab ich viel Muße übrig.

Überlieferung

H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 12b.

Einschluss und mit gleicher Sendung

Paket mit zwölf Exemplaren von Bodmers Brief an Menalippus. – J. Steinmüller, Rede an die Herren Land-Leute von Glarus, 1765. – L. T. von Tschudi, Rede an die Lands-Gemeinde beyder Religionen zu Glaris, 1765. – J. H. Füssli, Die Pflichten eines Buergers, 1765. – Ein Stück des Erinnerers.

Vermerke und Zusätze

Vermerk Sulzers am oberen rechten Rand der ersten Seite: »65.«

Eigenhändige Korrekturen

von dem Füßli, der
von ⌈dem⌉ Füßli, der
eh er abgefallen [...] einem lebetag
eh er abgefallen [...] einem lebetag

Stellenkommentar

Brief an Menalippus
Vgl. Brief letter-bs-1765-06-26.html.
Rede an die Landleute
Jakob Steinmüller, Rede an die Herren Land-Leute von Glarus: gehalten den 1. May 1765 vor einer ansehnlichen Gesellschaft im Haupt-Flecken Glarus.
Rede des Baillis Tschudi
Ludwig Theodor von Tschudi, Rede des Gross-Bailly Tschudy von Metz, an die Lands-Gemeinde beyder Religionen zu Glaris.Welche der Verfasser, weil er der Landes-Sprache nicht gnugsam kuendig, solche mundlich vorzutragen, dem Druck übergeben.
Pflichten des bürgers
J. H. Füssli vom Feuermörser, Die Pflichten eines Buergers. Rede, gehalten auf L. Zunft zur Meisen, den 16. Juni 1765.
drey Hexameter
Nicht ermittelt.
der Pater Ceva
T. Ceva, Jesus Puer, 1690.
Heß von Neftebach
Johann Jakob Hess (1741–1828), väterlicherseits Neffe von Johann Caspar Hess, Neftenbacher Pfarrer und enger Freund Bodmers. Hess war bereits seit 1760 zum Theologen ordiniert und lange Zeit als Schriftsteller tätig, bis er 1777 die Diakonstelle am Zürcher Fraumünster erlangte. Seine theologischen Werke umfassten meist populäre biblische Erzählungen und fanden über Zürich hinaus weite Verbreitung. Von 1795 bis zu seinem Tod 1828 war Hess Antistes der Zürcher Kirche.
Vermischte Fragen an das publicum
Anonym, Vermischte Fragen an das Publicum. In: Der Erinnerer 1, 3. Mai 1765, St. 16, S. 136–144. Der Herausgeber und vermeintliche Verfasser des Blattes, J. C. Lavater, war selbst erstaunt, dass die Zensur das Stück passieren ließ (Lavater Jugendschriften 2008, 2, S. 179). Vgl. auch J. H. Füssli vom Feuermörser an J. K. Escher, undatiert [1765]: »Noch eins von Zürich; Lavater und ich habe vor etlichen Tag ein blatt von lauter fragen an das Publikum druken laßen, die zu meinem erstaunen paßirt« (ZB, FA Escher vom Glas 152.155).

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann
Kommentar: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann